Generative Fertigung im Bauwesen

E-Mail:  raatz@match.uni-hannover.de
Team:  Serhat Ibrahim
Jahr:  2016
Förderung:  MWK
Ist abgeschlossen:  ja

Während in der industriellen Fertigung die aktuellen Diskussionen um die zukünftigen Entwicklungen von den Themen „Industrie 4.0“, das heißt die Vernetzung der Produktionstechniken und -prozesse zu einer sogenannten „Smart Factory“, sowie der „Mensch-Roboter- Kooperation“ bestimmt werden, ist das Bauwesen noch nicht einmal in der Industrie 3.0 angekommen. Die digitale Revolution hat zwar in den Bauplanungsbüros in Form leistungsfähiger Entwurfs-, Berechnungs-, Konstruktions- und Simulationsprogramme stattgefunden, auf der Baustelle jedoch werden die hochwertigen Werkstoffe und industriell hergestellten Halbzeuge nach wie vor „Stein-auf-Stein“ aufeinander gesetzt oder „Naht-für- Naht“ zusammengeschweißt, mit dem Nachteil großer Qualitätseinbußen und kostenintensiver Arbeitsprozesse. Die Diskrepanz zwischen dem, was wir in der digitalen Planungswelt an Komplexität handhaben und in der realen Welt baulich umsetzen können, hat in den letzten Jahren stetig zugenommen.

In Deutschland werden die meisten Gebäude in der sogenannten Massivbauweise errichtet und der Werkstoff Beton nimmt hier eine zentrale Funktion ein. In den letzten Jahren hat die Betontechnologie enorme Entwicklungen zu verzeichnen. Mit den ultrahochfesten Betonen (UHPC), die selbstverdichtend sind und damit theoretisch in jede Form fließen können, haben wir einen hochleistungsfähigen Werkstoff für ressourceneffiziente Bauteile vorliegen. In der baupraktischen Umsetzung dominieren jedoch nach wie vor die Standards der Systemschalungshersteller mit ihren flächigen Schalungssystemen zur Herstellung von geometrisch einfachen, ebenen Bauteilen wie Platten, Wände und Stützen. Schon eine sich konisch verjüngende Stütze ist mit diesen Systemen nicht ohne aufwendige individuelle Anpassung möglich.

Hier setzt das Forschungsvorhaben „Generative Fertigung im Bauwesen“ an. Ziel ist es, ein Verfahren für die Herstellung geometrisch komplexer Bauteile mit perspektivisch graduiertem Schichtaufbau zu entwickeln, das der Leistungsfähigkeit des Werkstoffes gerecht wird. Entscheidender und innovativer Ansatz ist, dass auf die Limitierung der Form durch die bisher notwendige Schalung komplett verzichtet wird. Die Idee ist dabei, auf das aus dem Tunnelbau bekannte manuelle Verfahren der Spritztechnologie zurückzugreifen und dieses zu einem industriellen, schalungslosen Herstellungsverfahren weiterzuentwickeln. Der komplexe Fertigungsprozess schalungsloser Betonbauteile soll in einem robotergestützten generativen Verfahren erfolgen.

Relevante Arbeiten zu generativer Fertigung und entsprechender Konstruktionstechnik zeigen die erforderliche Inter- und Transdisziplinarität, die zur Erzielung entscheidender Fortschritte erforderlich ist. Das vorliegende Vorhaben geht bewusst diesen Schritt und wagt sich über die Grenzen der etablierten Produktionsbereiche hinaus. In dem transdisziplinären Forschungsprojekt sollen Erkenntnisse aus den Bereichen des Maschinenbaus, der Informatik und der Materialwissenschaften mit denen des Bauwesens zusammengeführt werden. Dies bedingt bei den beteiligten Forschenden individuell hohe Expertisen in der jeweiligen Fachrichtung, wofür ein Verbundprojekt zwischen den drei beteiligten Universitäten mit ihren jeweiligen Schwerpunkten Stadt der Zukunft (TU BS), Konstruktiver Ingenieurbau (TU BS), Produktionstechnik (LUH) und Ressourcen (TU Clausthal) ideale Voraussetzungen schafft.

Speziell am match werden mögliche Arten der Bewegungserzeugung für die Robotersteuerung erforscht. Dieser Prozess wird bis heute zu 100% manuell vom Werkzeugführer durchgeführt. Damit die gewünschten Bauteilqualitäten erreicht werden können, muss diese Person besonders erfahren auf diesem Gebiet sein. Um dieses Wissen auf der Steuerung abbilden zu können, bedarf es daher der besagten Bündelung der jeweiligen Partnerkompetenzen. Damit dies gelingt muss die Robotersteuerung mit der Regelung des Spritzwerkzeugs und diversen externen optischen Messsystemen gekoppelt werden.

 

Videos:

https://www.youtube.com/watch?v=ctKbGHpAzso

 

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