Institut für Montagetechnik und Industrierobotik Forschung Aktuelle Projekte
Aktive bildbasierte Zuführung von Kleinteilen mithilfe aerodynamischer Schikanen

Aktive bildbasierte Zuführung von Kleinteilen mithilfe aerodynamischer Schikanen

E-Mail:  kolditz@match.uni-hannover.de
Team:  Torge Kolditz
Jahr:  2024
Förderung:  DFG

Moderne Produktionssysteme sind vielseitigen Anforderungen ausgesetzt. Zum einen besteht ein hoher Kostendruck, wodurch insbesondere in Hochlohnländern meist ein hoher Automatisierungsgrad angestrebt wird. Zum anderen sieht sich die Produktion mit steigenden Variantenzahlen und einer gestiegenen Planungsunsicherheit durch die globalisierten Märkte konfrontiert, was eine hohe Flexibilität der eingesetzten Betriebsmittel erforderlich macht. Insbesondere in der Montage, die einen zentralen Teilbereich der Produktion darstellt, müssen folglich flexible Automatisierungslösungen erarbeitet werden, die eine dynamische Anpassung an geänderte Randbedingungen ermöglichen.

Ein entscheidender Baustein der automatisierten Montage ist die Zuführeinrichtung, welche dem Handhabungsgerät (z.B. Industrieroboter) die zu montierenden Bauteile in einer definierten Position und Orientierung (Pose) zur Verfügung stellt. Für die Zuführung von Kleinteilen werden dazu nach wie vor zum Großteil Schwingförderer eingesetzt. Die Bauteile werden dabei meist mithilfe mechanischer Schikanen entweder aktiv im Zwangsdurchlaufprinzip in die richtige Orientierung gebracht oder durch Aussortieren falsch liegender Teile passiv geordnet. Aktive Verfahren erreichen höhere Zuführraten und reduzieren den Verschleiß der Bauteile, weisen aber gleichzeitig eine höhere Störanfälligkeit und Komplexität bei meist geringerer Flexibilität auf. Es existieren zwar viele Ansätze, um bestehende Konzepte, wie beispielsweise Vibrationswendelförderer oder Linearschwingförderer mithilfe von Bildverarbeitung und speziellen Aktoren zu flexibilisieren, jedoch keine ganzheitlichen Konzepte für eine bauteilunabhängige Zuführeinrichtung.

Das Ziel des aktuellen Forschungsprojektes ist daher die Erforschung von Methoden zur aktiven bildbasierten Zuführung von Bauteilen mithilfe aerodynamischer Orientierungsmodule. Durch das aktive Verfahren können dabei, wie oben beschrieben, hohe Zuführraten erreicht werden, während durch den Einsatz von Bildverarbeitung und aerodynamischer Aktoren eine hohe Flexibilität im Hinblick auf die Bauteilgestalt erreicht wird. Der Einsatz von Druckluft zur Manipulation von Werkstücken wurde am match bereits eingehend an einer aerodynamischen Zuführanlage wissenschaftlich untersucht und bietet ein enormes Potential zur Flexibilisierung von Zuführeinrichtungen.

Im Rahmen des Forschungsprojektes soll durch die Entwicklung eines Simulationsmodells zur Planung des Orientierungsprozesses und das Trainieren der Bildverarbeitung mithilfe von CAD-Daten die Rüstzeit nahezu vollständig vermieden werden und somit die Flexibilität und Planbarkeit des Betriebsmittels Zuführeinrichtung deutlich gesteigert werden. Aufgrund der Anwendung aerodynamischer Schikanen werden zur Umrüstung des Systems dabei keine Änderungen an der Hardware notwendig sein, was zusätzlich zu einer gesteigerten Flexibilität auch zu einer Ressourcenschonung und somit erhöhten Nachhaltigkeit beiträgt.

Konkreter Forschungsbedarf besteht in der Entwicklung eines Simulationsmodells, welches stabile Bauteillagen berechnen und die nötigen Orientierungsschritte ableiten kann. Ebenfalls müssen Anzahl, Art und Position der aerodynamischen Schikanen aus dem zu definierenden Bauteilspektrum abgeleitet werden, sodass eine maximale hardwareseitige Flexibilität gewährleistet wird. Um das Trainieren der Bildverarbeitung offline, mithilfe von CAD-Daten, zu ermöglichen, muss weiterhin eine robuste Methode zur Erzeugung der notwendigen Trainingsdatensätze in Form gerenderter Bilder erarbeitet werden. Eine besondere Herausforderung besteht dabei im Schließen der Domain Gap zwischen den künstlich erzeugten und den von der echten Bildverarbeitung aufgenommenen Bildern der Werkstücke.

Abschließend werden die erforschten Methoden in einem Funktionsmuster (siehe Abbildung) zusammengeführt und mithilfe zuvor definierter Validierungswerkstücke anhand definierter Kriterien evaluiert. Mit erfolgreichem Abschluss des Forschungsprojektes steht somit eine neuartige Zuführmethode zur Verfügung, welche den vielseitigen Anforderungen flexibler Montagesysteme gerecht wird.

Funktionsmuster